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Pressemitteilung

Erzählt uns nichts von Bildung, hört uns einfach mal zu!
Bildungsstreik und Demonstration am 22.6.2018

Der Bildungsforscher Hartmut Ditton schrieb 1992 zur sich schon damals seit 20 Jahren im Kreis der immer gleichen Reformdiskussionen und Reformvermeidungen drehenden Debatten um die Dauerkrise des deut¬schen Bil¬dungssystems, dass niemand einen neuen „Strukturplan für das Bildungswesen“ brauche. Schließlich könne die „Mehrzahl der Empfehlungen des Bildungsrates“ aus dem Jahr 1970[!], „auch heute noch Gültigkeit beanspruchen“, nur seien sie „zum erheblichen Teil nicht umgesetzt, vielfach nicht einmal in Angriff ge¬nommen“ worden. Stattdessen wurde der zunehmend als politischer Störfaktor empfundene Bildungsrat 1975 abgeschafft. Das Beste, was der Bildungspolitik heute zu den aktuell wieder akuten Krisen einfällt, ist die Neuerfindung eines Bildungsrats Light, dessen Empfehlungen dann wieder in den Wind geschlagen werden können.
Unterdessen verschärfen sich die altbekannten und von verschiedensten Betroffenen immer neu artikulierten Pro-blemlagen weiter: Lehrer*innenmangel, Unterfinanzierung, Fehlstunden, Selbstausbeutung und Leistungsdruck, Verdrängungskonkurrenz um knappe Mittel, Dauerevaluation nach oft bildungs- und lebensfeind¬lichen politisch-ökonomischen Kriterien (und ohne reale Effekte), Burnout- und Stresserkrankungen bei vielen Beschäftigten und Lernenden…
Deshalb ruft das Kritische Bildungsbündnis – ein freier Zusammenschluss verschiedener Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen aus Schulen, Hochschulen und freien Bildungsträgern – am Freitag, den 22.6. zum Bil¬dungsstreik auf. Dieser wird begleitet von einer Demonstration, durch die das Bündnis seinen Forderungen und Zielen Gehör verschaffen will.

Wann und Wo? Ab 11:30 Uhr Sammelkundgebung Ecke Striesener Straße / Güntzstraße mit Aktionen, Work¬shops u.v.m., Demo ab 14:00 Uhr, Start ebenda. Abschluss mit Diskussionen, World Café und Häppchen in der Wir AG am Lutherplatz.

Die Themen und Zielstellungen des Bündnisses reichen von konkreten Forderungen wie Verkür¬zung der Pflichtstun-denzahl für alle Lehrkräfte bei vollem Lohnausgleich, Abschaffung von prekarisierten Erwerbsverhältnisse, Schein-selbständigkeiten und unbezahlten Praktika, Reduktion von Prüfungslasten, mehr Zeit für freie, selbstbestimmte Bildung, ausreichende und v.a. dauerhafte Grundfinanzierung etc. bis hin zu (noch) utopischen Zielen einer unbe¬dingten Bildung, die letztlich auf eine andere (postkapitalistische, postnationale, basisdemokratische, egalitäre, inklusive, …) Gesellschaftsform verweisen.

„Wir haben keine Lust mehr, uns weiter in die Tasche lügen zu lassen. Wir wollen keine politischen Floskeln von ’neuer Bildungskultur‘ oder einer ‚Kultur der Anstrengung‘ hören, die die Verantwortung für das Durchwursteln unter unmöglichen Rahmenbedingungen an die Lehrenden und Lernenden weiterreicht“, so Anja, eine der Sprecher*innen des Bündnisses. „Es geht uns zunächst darum, dass basale Realitäten und Herausforderungen des derzeitigen Bildungsnotstands überhaupt als solche anerkannt werden. Z.B. ist es nicht schwer zu sehen, dass selbstgesteckte Ziele wie das der Inklusion nicht mit Sparmodellen und nicht mit erhöhtem Leistungs- und Konkur-renzdruck erreichbar sind, sondern Finanzierungs- und Personalsicherheit und an vielfältigen Bildungsbedürfnissen orientierte vielfältige Angebote und Lernformen brauchen“, ergänzt Leon.
Vor allem geht es dem Bündnis um eine umfassende Demokratisierung des Bildungswesens. Das Ziel ist der freie Zugang unterschiedslos aller (ohne Diskriminierungen aufgrund von Klasse, Herkunft, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht, Religion etc.) zu einer Bildung, deren Ziel nicht die kosteneffiziente Produktion verwertbarer Arbeitskräfte, sondern mündige Bürger*innen sind. Das seien „unhintergehbare Forderungen“, so das Bündnis. Um sich diesen Zielen anzunähern, dürfen dem Bildungswesen keine weiteren neoliberalen Refor¬men übergestülpt werden, die in den letzten Dekaden zur immer weiteren ökonomischen Einengung des Bildungsverständnisses und zur ideologischen Verengung politischer Bildung geführt haben. Stattdessen müsste es darum gehen, den Wünschen, Ideen, Konzepten, Bedürfnissen und Fähigkeiten der Lernenden und Lehrenden Raum zu geben, um das Bildungswesen von innen heraus in einer für die Betroffenen wünschenwerten Richtung zu verändern.

 

15.06 Dresden Drehscheibe hat einen Beitrag zu unserem Aufruf gebracht!
Zu dem Artikel und Video geht es hier weiter.