Bildung ist (k)eine Ware: Die Krise der Wissensarbeit und die Paradoxien des deutschen Wissenschaftssystems

Vorträge und Diskussion mit Dr. Patrick Wöhrle & Dr. Tino Heim
18. Juni 2018 – 17:00 TU Dresden REC/C213/H Recknagel-Bau
, Zellescher Weg 16 (hinter dem Willers-Bau)

Das gegenwärtige deutsche Hochschulsystem bietet allen Statusgruppen etwas: Verunmöglichung selbstbestimmter Bildung für Studierende; Überausbeutung in prekarisierten Erwerbsverhältnissen für den ‚Mittelbau‘; Überlastung und strukturelle Entmachtung durch fremdbestimmte Zielvereinbarungen und Akkreditierungen für Professor*innen; kannibalistische Verdrängungskonkurrenz, Wettbewerbsdruck und Verknappung der Zeitressourcen für freie Forschung und Lehre für alle.

Zwei Vorträge und eine offene Diskussion gehen der Frage nach, was die derzeitige Wissenschaftspolitik sowie die konkreten Ausgestaltungen des Hochschulsystems und der akademischen Erwerbsverhältnisse eigentlich ‚fördern und fordern‘ und was sie dabei verunmöglichen. Was bedeutet die Bemessung der ‚Qualität‘ von Forschung und Lehre nach wissenschaftsfremden Kriterien des ökonomisch quantifizierbaren Nutzens oder der Zeit- und Kosteneffizienz für die Bedingungen einer unabhängigen und kritischen Wissenschaft? Welche Verhaltensmuster und Karrierestrategien begünstigt die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen und Forschungsfinanzierung? Wie verhält sich die Konkurrenz um verknappte Mittel zu einem um geteilte Sachfragen zentrierten, ergebnisoffenen wissenschaftlichen Wettstreit der Analysen, Kritiken und Gegenkritiken, dessen Ergebnisse allen zugutekommen?

Dr. Patrick Wöhrle fragt unter dem Titel „Wir nennen es nicht Arbeit“ nach den spezifischen Ausformungen und Paradoxien der rechtlichen Rahmenbedingungen von Wissensarbeit – etwa im Wissenschaftszeitvertragsgesetz – und nach deren sozialen Effekten für akademische Arbeitsrealitäten.

Dr. Tino Heim fragt unter dem Titel „…keine Zeit für Wissenschaft“ wie sich die Ursachenkonstellationen und die bildungs- und forschungsfeindlichen Effekte neoliberaler Hochschulreformen in langfristige Trends der Organisation von Wissensarbeit im modernen Kapitalismus einfügen.

Für die offene Diskussion werden dabei in beiden Beiträgen zugleich Fragen nach alternativen Gestaltungsmöglichkeiten und nach Ansatzpunkten für mögliche Gegenstrategien aufgeworfen.
Die realsatirischen Qualitäten der vielfältigen Paradoxien von Bologna-Reform, Wissenschaftszeitvertragsgesetz oder der Exzellenzinitiative dürften bei all dem – trotz aller Tragik – auch für einige Komik sorgen.

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